Das „Haus vor Melle“
(früher auch „Blaues Haus“)
Baujahr des heutigen Hauses: wahrscheinlich um 1830
Baujahr des Vorgängerhauses: unbekannt
Das „Haus vor Melle“ lag damals vor Melle, heute liegt es mitten im Stadtkern. Damals, das war vor über 200 Jahren, als die Stadttore den Abschluss der Stadt bildeten. Wir sprechen hier vom „Mühlentor“, das Tor, durch welches man zur Meller Mühle an der Else gelangen konnte. Das Tor stand an der Mühlenstraße kurz vor der Stelle, wo heute die Straße eine neunzig Grad Kurve macht. Im „Haus vor Melle“ auch „Blaues Haus“ genannt, befindet sich heute das Meller Kreisblatt. „Blaues Haus“ war der Name, weil das Gebäude zwischendurch einen blauen Anstrich hatte.
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Im neuen um 1830 erbauten „Haus vor Melle“ befinden sich heute die Radaktionsräume des Meller Kreisblattes.
Es wurde vor Jahrhunderten als adelige Anlage, das für seinen eigenen Schutz sorgen musste vor dem Stadttor von Melle gebaut. Bei Überfällen waren die Stadtbewohner durch Stadtsoldaten geschützt, die Tore wurden geschlossen. Eigenständige Burganlagen hatten für ihren eigenen Schutz zu sorgen. Doch das „Haus vor Melle“ ist nicht ganz das Haus, in dem sich das Meller Kreisblatt befindet, das Originalhaus stand etwa 30 Meter dahinter und war etwas kleiner.
Das „Haus vor Melle“ bis etwa 1830 ist von Arnold Bredemeyer gezeichnet worden. Es ist im Meller Kreisblatt am 30. September 1961 abgebildet gewesen.
Das alte Gutshaus wurde um 1830 – andere Geschichtsschreiber bringen die Jahreszahl 1780 ins Spiel - durch das heutige „Gelbe Haus“ ersetzt. Zwischen dem alten Burghaus und dem neuen Haus ersteckte sich ein großer Park, dort soll bis 1950 eine 600 – 700 Jahre alte Akazie gestanden haben, so schreibt Wilhelm Knigge im Melle Jahrbuch 2006. Es wird von einem Teich berichtet, man kann davon ausgehen, dass sich das alte Gutshaus unter anderem auch durch Wassergräben geschützt hat. Leider findet sich im Buch von Rudolf von Bruch: „Die Rittersitze des Fürstentum Osnabrück“ und anderen vergleichbaren Werken nichts über diese Burganlage vor dem Mühlentor von Melle. Wir wissen lediglich, dass kurz vor 1700 das Ehepaar Schröder hier lebte. Heinrich Schröder war Kaufmann und wurde 1716 geadelt. Nach dem großen Brand von Melle 1720 stellten sie ihr Gebäude den evangelischen Christen für den Gottesdienst zur Verfügung, weil ihre Kirche, ein Fachwerkbau, vollständig abgebrannt war.
Über der Eingangstür des Hauses vor Melle, dem alten „Blauen Haus“, dem heutigen gelben Haus ist eine Steintafel eingelassen. Hier steht: „Hier stand das Haus vor Melle, in dem Johanna von Voigts, die Tochter Justus Möser’s, lebte“. Johanna Wilhelmina Juliana Voigt geborene Möser (1749-1814) wurde Jenny genannt. Ihr Freund, der Schriftsteller Thomas Abbt, starb kurz vor der Eheschließung. Auf Wunsch des Großvaters heiratete Jenny 1768 den begüterten, adeligen Just von Voigts, er war ein Urenkel der Familie Schröder. Das Paar zog in ihr Haus an der Mühlenstraße in Melle ein. Die Ehe harmonierte nicht, nach dem Tode ihrer Mutter zog Jenny 1787 wieder nach Osnabrück, wo sie ihren Vater betreute.
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Der alte Stadtplan von 1765, gezeichnet von Franz Heinrich Kock, mit dem Eintrag des Hauses vor Melle: Schröders Hoff.
Jenny von Voigts Leidenschaft war die Schriftstellerei. Sie stand mit bedeutenden Persönlichkeiten im Briefkontakt, der bekannteste war wohl Johann Wolfgang von Goethe. Sie, die Tochter Mösers, wohnte fast in Melle, sie wohnte im Haus vor Melle.
Bernd Meyer
Fotos: Privatarchiv Bernd Meyer